Zeugnisse ohne Noten?

Die Diskussion darüber, ob Zeugnisnoten noch zeitgemäß sind oder nicht, ist einmal mehr in vollem Gange. In Bayern hat man sich dazu entschlossen, Schulen bis zum dritten Schuljahr nicht nur freizustellen, Notenzeugnisse zu schreiben, sondern überhaupt auf Zeugnisse zu verzichten. Stattdessen soll ein Elterngespräch geführt werden, das ca. dreißig Minuten dauert und in dem über die Entwicklung des Kindes gesprochen wird, nicht über seinen Stand im Vergleich zu den anderen Schülern der Klasse. In Schleswig-Holstein hat man den Weg gewählt, die Grundschule grundsätzlich notenfrei zu machen. Allerdings dürfen Schulen, wenn ein entsprechender Beschluss gefasst wird, Noten geben. 

Da in den meisten Bundesländern die Eltern alleine über die Wahl der weiterführenden Schulen entscheiden können, entfällt die Notwendigkeit, Noten zu geben, um eine Auslese möglich zu machen. Die Inklusion tut ein Übriges, um Noten überflüssig zu machen, es gibt keine "einheitliche Schülerstruktur" mehr, an der sich die Schüler messen lassen müssten. Hans Brügelmann, emeritierter Professor für Grundschulpädagogik an der Universität Gießen, weist daraufhin, dass Noten sowieso erstens von oben gegeben werden und zweitens ein großes Ungerechtigkeitspotential haben.

Wer als Lehrer die siebte Arbeit korrigiert hat, die nicht den Ansprüchen entspricht, wird bei der achten milder beurteilen, um den Klassenschnitt nicht zu verderben und die Arbeit neu schreiben zu müssen. So kommt es dazu, dass, um die Normalverteilung der Noten wieder herzustellen - die meisten Arbeiten befinden sich im mittleren Bereich - in jeder Arbeit andere Maßstäbe angelegt werden. Scheinen Arbeiten "zu leicht" gewesen zu sein, wird entweder der Notenspiegel angepasst oder bei der nächsten Arbeit die Anforderung erhöht, so dass nicht zu viele gute Noten herauskommen. Scheint die Arbeit "zu schwer" gewesen zu sein, wird der andere Weg eingeschlagen, es wird fünfzehn Fehlern noch ein "befriedigen" gegeben. 

Außerdem fließen in die Noten soziale Aspekte mit ein. Kinder aus niedriger eingestuften Familien haben es schwerer, eine gute Note zu erlangen. Das gilt auch für auffällige Kinder, mit denen der Lehrer Probleme beispielsweise in der Disziplin hat.

In einem Lernentwicklungsgespräch haben solche Dinge keine Chance mehr.

Andererseits verlangen Eltern immer noch und wieder, dass Noten gegeben werden, denn Noten haben den Vorteil, leicht verständlich und vergleichbar zu sein. Außerdem sind aussagekräftige Alternativen trotz jahrelanger Diskussion nicht in Sicht.

Der Wunsch, Kinder frei von Notendruck die Schule durchlaufen zu lassen, ist nicht neu. Seit den 60er Jahren jagt eine Reform die nächste. Die Richtlinien wurden angepasst an die angeblich anderen Anforderungen. Man wollte weg von der "volkstümlichen Bildung", es sollte alles wissenschaftlicher werden. So wurde die "Volksschule", also die Schule für das Volk,  aufgegliedert in alle möglichen Unterbereiche, bis nach einigen Jahren die Idee der Gesamtschule aufkam und etliches wieder zurückgenommen wurde. Vor allem aber wurden die Anforderungen an die Schüler Stück für Stück gesenkt. Das fing damit an, dass das, was bisher mit "ausreichend" benotet worden war, nun "befriedigend" hieß. Beim Übergang zum Gynmasium fiel die Aufnahmeprüfung weg, die Hauptschule verkam zur Restschule und es war ein Bestreben zu erkennen, dass möglichst jeder studieren solle.

Doch, machen wir uns nichts vor: Es kann nicht jeder studieren, es hat nicht jeder das Zeug zum Professor, es muss nicht jeder Arzt oder Rechtsanwalt werden. Ob Zensuren gegeben werden oder nicht, innerhalb der Klasse wissen die Kinder sehr gut, wem das Ganze schwer fällt und wem nicht. Nun soll statt Noten ein "Einmaleins-Führerschein" erlangt werden. Wenn wir es auf die Spitze treiben wollen, so steht am Ende des 4. Schuljahres kein "mangelhaft" mehr im Zeugnis, sondern: "Der Schüler beherrscht den Zahlenraum von 1 bis 3." 

Sicherlich ist es frustrierend, wenn trotz einiger Anstrengung keine gute Note zu erreichen war. Doch bleiben Kinder nicht immer Kinder. Und als Erwachsene werden sie damit umzugehen lernen müssen, dass sie wegen einer nicht so guten Bewertung den von ihnen gewünschten Job nicht bekommen haben. 

Natürlich ist anzustreben, dass Kinder nach ihren Fähigkeiten gefördert werden, dass "das Beste aus ihnen herausgeholt wird". Wäre es aber nicht vielleicht sinnvoller, Kinder dahingehend zu stärken, dass sie sich von Misserfolgen nicht umwerfen lassen und ihnen zu zeigen, dass eben nicht jeder und immer mit erstklassigen Zensuren glänzen kann? Im täglichen Leben wird verglichen. Ob es darum geht, dass der Garten schöner ist, das Haus größer, das Auto schneller, das Bankkonto dicker ist. Zwar werden dort auch keine Zensuren gegeben, trotzdem ist jedem klar, was Sache ist.

Was uns bei der Diskussion ein wenig vorsichtig machen sollte ist, dass zum wiederholten Male die Vertreter der neuen Ideen zumindest unterschwellig vermitteln möchten, dass die real existierenden Probleme von Kindern mit der Schule nun durch das Weglassen von Zensuren alleine aus der Welt geschafft werden könnten. Es führen immer noch mehrere Wege nach Rom. Selbst, wenn keine Noten mehr den Abschluss des Schuljahres verderben, so werden weiterhin kleine Menschen (Kinder) von großen Menschen (Lehrern) beurteilt. Das setzt sich im späteren Leben - leider - fort. Die Ungerechtigkeiten, die dabei entstehen, sollten wir versuchen zu mildern. Ganz abschaffen werden wir sie solange nicht können, wie Menschen mit Menschen umgehen.

 

Die Lehrer der AHA! Nachhilfe widmen sich ihren Schützlingen exklusiv. Schon von daher ist ein Vergleich mit anderen nicht angesagt. Die Lehrer der AHA! Nachhilfe fördern Ihr Kind nach seinen Möglichkeiten und suchen, Defizite auszugleichen. Sie stärken Ihr Kind, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen und zu nutzen. Und das befähigt sie auf Dauer, sich dem Vergleich mit anderen besser stellen zu können. Erfolg ist kein absoluter Wert, sondern individuell ganz verschieden und das, was man aus ihm macht. Dabei unterstützen unsere Lehrer die ihnen anvertrauten Schüler nach bestem Wissen und Gewissen. 

 

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