Neue Untersuchung zum Turbo-Abi

Ein neuer Aspekt zum Thema verkürztes Abitur wird durch eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Debatte um G8/G9 hinzugefügt. Die Bildungsökonomen Jan Marcus und Mathias Huebener haben eine Studie durchgeführt, bei der sie auf die Daten des Statistischen Bundesamts zurückgriffen.

Untersucht wurden nicht nur die Doppeljahrgänge sondern alle Abiturjahrgänge von 2002 bis 2018, sowohl in den G8, wie in den G9 Bundesländern. Die G9 Bundesländer konnten so als Kontrollgruppe für Einflüsse dienen, die nichts mit der Verkürzung der Gymnasialzeit um ein Jahr zu tun hatten.

Die Ergebnisse der Untersuchung waren die folgenden: Die Umstellung von G9 auf G8 verursachte in den entsprechenden Bundesländern (naturgemäß) eine Verringerung des durchschnittlichen Abiturientenalters. Die Verringerung betrug aber nicht ein Jahr, beziehungsweise 12 Monate, wie es der Verkürzung der Schulzeit entspräche, sondern nur etwa 10,3 Monate. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass es zu einer Erhöhung der Klassenwiederholungsquote kam, also mehr Schüler eine „Ehrenrunde“ drehten. Dieser Effekt zeigte sich etwas stärker bei den Jungen als bei den Mädchen, war aber bei beiden zu erkennen. Allerdings führten die vermehrten Klassenwiederholungen nicht dazu, dass ein geringerer Anteil der Schüler das Abitur schaffte.

Für Bildungswissenschaftler etwas überraschend war die Tatsache, dass sich die Erhöhung der Klassenwiederholungen hauptsächlich in der Oberstufe (10.-12. Klasse) widerspiegelte, und nicht in der Mittelstufe (7.-9. Klasse), wo das Lernpensum bei der Umstellung auf G8 am stärksten erhöht wurde.

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Ist das „Turbo-Abitur“ besser als sein Ruf?

Kürzlich stellten Kultusminister Andreas Stoch (Baden-Württemberg) und Ulrich Trautwein (Bildungswissenschaftler) in Frankfurt eine Studie des Tübinger Hector-Instituts zum Vergleich der Leistung von G8 und G9 Abiturienten vor. Dabei wurden die Abiturjahrgänge 2010/11 bis 2012/13 in Baden-Württemberg ausgewertet, im Jahr 2012 gab es ja einen doppelten Abiturjahrgang (G8 und G9).

Dabei zeigte sich, dass sich der von Kritikern des verkürzten Abiturs immer wieder angeführte erhöhte Stress nicht, oder nur kaum, von den Schülern wahrgenommen wurde. Viele Aktivitäten der G8 und G9 Schüler unterschieden sich nicht wesentlich, allerdings blieb den Absolventen des Turbo-Abiturs weniger Zeit in den Bereichen „Nebenjob“, „Sport“, „Freunde treffen‘“ und „Fernsehen“.

Was die schulischen Leistungen angeht, fanden sich nach der Studie keinerlei Unterschiede zwischen G8 und G9 Schülern in den Fächern Physik und Mathematik. Bei anderen Fächern allerdings gab es Abweichungen. In Biologie gab es leichte Vorteile für die G9-Jahrgänge. Es zeigte sich auch, dass Schülerinnen und Schüler aus G8 Jahrgängen in Englisch substantiell schlechter abschnitten, als die der G9 Jahrgänge. Dies führen die Wissenschaftler darauf zurück, dass insbesondere in Englisch Anregungen außerhalb der Schule, wie Auslandsaufenthalte, englische Filme sehen oder englische Bücher lesen, eine große Rolle beim Erlernen der Sprache spielen, und dafür 1 Jahr weniger Zeit zur Verfügung steht.

Der Übergang von G9 zu G8 geschah damals nach Trautwein überhastet und ohne ausreichende Reformen der äußeren Rahmenbedingungen sowie der pädagogischen Arbeit in den Schulen. Allerdings sollte nach Ansicht der Forscher in der aktuellen Studie im Hinblick auf die Qualität des gymnasialen Unterrichts und das Bildungssystem eine erneute Debatte zu G8/G9 vermieden werden.

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